Beitrag einer Mysterienschülerin zu der Arbeit mit den Grundkräften im Enneagramm
Die Trilogie zu den drei Grundkräften des Enneagramms ermöglicht einen sehr guten Einblick in die Strukturen und die – durch die eigene Unwissenheit – automatisierten Reaktionen des menschlichen Geistes. Erst durch eine Bewusstwerdung dieser inneren Abläufe in mir – wie mein Geist „tickt und funktioniert“ – erst dadurch kann nach und nach eine Unterscheidungskraft in mir reifen, die diese Strukturen erkennen und hinterfragen kann. Diese innere Arbeit, die im Rahmen der Trilogie ganz direkt erfahren wird, schließt auch in der Erforschung alle drei Ebenen – Bauch, Herz und Kopf, würde man landläufig wohl sagen – mit ein. Aber die tiefere Erforschung zeigt eben, wie durch die sogenannte Fixierung in diesen Grundkräften der unerfüllten Liebe, der Angst und des Zornes eigene Welten im Geist eines Menschen entstehen – Welten, die nicht real sind und die uns leiden lassen.
Mich in einer Gemeinschaft mit anderen Menschen und unter der Anleitung und Begleitung eines erfahrenen Lehrers dieser Erforschung zu widmen, ist mit das größte Geschenk, das ich mir selbst machen kann.
Für mich war und ist die Erforschung der Fixierung in der unerfüllten Liebe, in angstbesetzten Befürchtungswelten und im zornigen Widerstand ein großer Schlüssel dafür, den Zugang zur Kraft der Liebe, der Angst und des Zorns in mir selbst frei zu legen – immer wieder.
Und gerade in den letzten Wochen, in denen ich das Sterben und den Tod meines Vaters begleiten durfte, zeigte sich ganz direkt eine reale und ganz praktische Ernte dieser Arbeit: Durch die innere Arbeit habe ich gelernt anwesend zu bleiben, auch dann, wenn mein Geist am liebsten weg möchte. Ganz nahe heranzugehen in (inneren und äußeren) Situationen, die mir Angst machen, weil ich keine Ahnung habe, was geschieht und mein Geist lieber in Befürchtungswelten bleiben und Horrorszenarien entwerfen würde. Und ich habe gelernt, dem unbekannten Leben mehr und mehr zu vertrauen. Anstatt die Kraft dafür zu nutzen gegen das Leben, gegen das, was geschieht zu sein, habe ich die Erfahrung gemacht, dass immer genügend Kraft für das vorhanden ist, was zu tun ist. Anstatt etwas zu wollen, kann ich einfach nur anwesend sein und mich schenken – ohne Anspruch, ohne Vorstellung davon, wie das geht oder wie das aussehen sollte – und die Erfahrung machen, dass die Liebe nicht getrennt ist von dem Tod. Und dass das Fühlen von Trauer und Schmerz nicht getrennt ist von Freude und Schönheit.
Der Wert dieser Arbeit und des inneren Weges ist schwer in Worte zu fassen, aber es ist möglich, dass sich der Wunsch geliebt zu werden wandelt und den Zugang zur Liebe freigibt. Dass sich der Kampf gegen das Leben in die Hingabe an die Kraft wandelt. Und dass die Flucht vor der Angst sich in ein Anhalten wandelt, in dem das tiefe Vertrauen ins Leben spürbar wird.
Es ist ein Weg, und die Trilogie ist ein wertvoller Anfang und immer wieder eine wertvolle Vertiefung auf dem Weg.
In Dankbarkeit,
Astrid