DAS SPIRITUELLE ENNEAGRAMM
Das Enneagramm der Charakterfixierungen stellt ein äußerst wirkungsvolles Instrument dar, das die
unterbewussten Strukturen des denkenden Geistes (Ego) wie eine innere Landkarte vor uns ausbreitet.
Es beschreibt, wie sich verborgene Antriebe aus dem Unterbewusstsein in unserer Persönlichkeit
ausdrücken und tagtäglich durch unser Denken, Fühlen und Handeln unbewusst wirken.
Das Enneagramm der Charakterfixierungen zeigt neun verschiedene Arten und Weisen, wie ein Mensch
durch persönlich verzerrte Standpunkte den Zugang zur objektiven Realität verliert und sich so von seinem
Innersten trennt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das Eintauchen in dieses tiefe Wissen ermöglicht
eine Bewusstwerdung darüber, welche tief angelegten Überzeugungen über sich selbst, die anderen und
das Leben, die Sicht der Dinge maßgeblich prägen.
Während das Enneagramm der Charakterfixierungen persönliche, subjektive Realitäten darstellt, welche
die Weisheitslehre als Illusionen beschreibt, existieren auch eine Reihe von objektiven Enneagrammen
(z.B. das Enneagramm der Archetypen, das Enneagramm der Tugenden), welche die (innere) Realität
beschreiben, so wie sie IST. Diese objektiven Enneagramme vermitteln die eigentliche spirituelle Dimen-
sion des Enneagramms. Sie bilden das spirituelle Enneagramm. Diese Enneagramme sind nicht mehr
„fixiert“, so wie all jene, die sich auf das Ego des Menschen beziehen, sondern sie zeigen das Potenzial
von Selbstentfaltung und Wandlung auf. Diese Schule des Enneagramms arbeitet mit beiden
Enneagrammen: Die Sichtbarmachung der Charakterfixierung bringt einen leidvollen, fixierten inneren
Zustand wieder ins Fließen und eröffnet die Möglichkeit, das wahre Potenzial des natürlichen Wesens zu
entdecken, sodass sich der Zugang zu den objektiven Enneagrammen öffnen kann, welche die Seele des
Menschen spiegeln.
„Das Enneagramm selbst kann man nicht als eine spirituelle Lehre,
auch nicht als ein spirituelles Konzept verstehen.
Es ist neutral.
Es ist ein Konzept, das relative Wahrheiten von relativen Lügen oder umfassender gesprochen,
von Illusionen, durchaus unterscheiden kann.“
OM C. Parkin
DAS ENNEAGRAMM ALS WERKSZEUG
Das Enneagramm erschien im Westen zum ersten Mal in der Lehre des armenischen Mystikers Gurdjieff. Populär wurde es dann vor allem durch den chilenischen Psychiater Claudio Naranjo, der die Theorie des Enneagramms mit seinen eigenen Erfahrungen im klinischen und therapeutischen Bereich verknüpfte und damit in den USA arbeitete. Aus diesem Weg, den das Enneagramm im Westen nahm, ergaben und ergeben sich bis heute unterschiedliche Ebenen, wie es verstanden und genutzt werden kann – von einer Typenlehre bis hin zu einem Werkzeug auf dem spirituellen Weg.
In der Inneren Arbeit der Enneallionce ist das Enneagramm der Charakterfixierungen ein wesentliches Werkzeug im Inneren Kreis. Es beschreibt neun verschiedene Arten und Weisen, wie ein Mensch durch persönlich verzerrte Standpunkte den Zugang zur objektiven Realität verliert und sich so von seinem Innersten trennt, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Das Enneagramm zeigt jedem der neun Typen präzise auf, an welchen Knotenpunkten seine innere Reise schwierig werden oder stagnieren kann und benennt verborgene geistig-emotionale Kräfte, die dem Menschen vorher unbekannt oder unzugänglich waren. Das In-Kontakt-Treten mit diesen Kräften kann die Energie freisetzen, die ein Mensch für die Erforschung seiner Innenwelt und seinen inneren Weg so dringend braucht. Dabei geht es keinesfalls um die Bemühung, ein anderer oder besserer Mensch zu werden. Wandlung geschieht vielmehr durch mitfühlendes Hinsehen und die Integration von Aspekten unserer selbst, die bisher ausgeblendet, verdrängt, verboten waren, um so unser menschliches Potenzial entfalten zu können.
OM C. Parkin hat dieses Instrument nach seiner eigenen Ausbildung zu Beginn der 90er Jahre bis heute in der Arbeit mit Schülern des Weges stets vertieft und verfeinert.
In der Enneagramm Ausbildung gibt OM C. Parkin zusammen mit anderen Lehrern der Enneallionce seine tiefen Einblicke in die menschliche Geistesstruktur nach alter Tradition mündlich an die Teilnehmer der Ausbildung weiter.
DAS POTENZIAL FÜR WANDLUNG UND HEILUNG
Die gute Nachricht, die uns das Enneagramm vermittelt, ist, dass unsere innere Welt von geistigen Überzeugungen nicht verändert werden muss. Kein Gefühl, kein Gedanke, kein körperlicher Zustand ist wirklich die Ursache für unser Problem, sondern lediglich die Fixierung darauf. Unser eigentliches Leiden besteht darin, dass wir mit einem inneren Zustand unbewusst so verschmolzen sind, dass unser Blick sich auf schmerzliche und begrenzende Weise verengt hat. Je mehr wir uns bemühen, unerwünschte Eigenschaften oder Aspekte unserer Selbst zu verbessern, zu verbergen oder loszuwerden, desto mehr verfestigt sich das Fixierte. Wahre Wandlung geschieht nicht durch die Bemühung, ein anderer oder besserer Mensch zu werden, sondern durch mitfühlendes Hinsehen.
Schon der christliche Mönch und Wüstenvater Evagrius Ponticus (345-399) sagte: „Willst du Gott erkennen, lerne vorher dich selber kennen.“ Darauf bezieht sich auch der Benediktinerpater Anselm Grün mit seinen Worten: „…für mich ist Psychologie und Spiritualität kein Gegeneinander sondern ein Miteinander. Der Mensch muss die Leidenschaften, wie sie im Enneagramm beschrieben sind, annehmen und anschauen, nicht beherrschen. Wenn man mit diesen Leidenschaften spricht, dann führen sie mich zum Schatz, dann führen sie mich zum wahren Selbst. Wenn man den Mut hat, hinabzusteigen in die eigene Seele, den Mut zu eigener Menschlichkeit.“
Wenn wir Heilung auf diese Weise verstehen, dann schenkt uns das ein tieferes Verständnis dafür, was in einer Therapie geschehen kann: Integration. Die Integration von psychischen Inhalten, von noch unbewussten Gefühlen und Kräften, das Potenzial für Wandlung und Heilung von Aspekten unserer selbst, die ausgeblendet, verdrängt, verboten waren.
„Durch das Enneagramm kannst du entdecken,
auf welche Art und Weise du daran geglaubt hast,
eine vom Meer des Bewusstseins getrennte Welle zu sein.“
Eli Jaxon-Bear
DIE GRUNDKRÄFTE IM ENNEAGRAMM
Die drei Grundkräfte
Das innere Dreieck im Symbol des Enneagramms repräsentiert die drei Grundkräfte, die den natürlichen Wandel aller Seinsformen bewirken: die Kraft der Schöpfung, die Kraft der Erhaltung und die Kraft der Zerstörung. Die Natürlichkeit des Zusammenspiels dieser drei Kräfte ist uns offensichtlich, wenn wir z.B. in der Natur erleben, wie Schöpfung entsteht, lebt und vergeht. Dieses „Gesetz der Drei“ ist vollkommen unpersönlich und folgt einer inneren Intelligenz, zu der der Mensch Zugang hat durch seine drei „Zentren der Intelligenz“: im Bauchzentrum erleben wir die zerstörerische, im Herzzentrum die schöpferische und im Mentalzentrum die bewahrende Kraft.
Die unbewusste Einheit, die ein Kleinkind erlebt, endet in der weiteren Entwicklung durch die Geburt des Ich – Gedankens und die sich damit immer stärker kristallisierende Fixierung auf eine der drei Ebenen, die durch die Grundkräfte beschrieben werden. Der menschliche Geist widersetzt sich dem ewigen Wandel und damit auch einer natürlichen Entfaltung und fixiert sich auf einer dieser drei Ebenen. So wird aus der natürlichen zerstörerischen Kraft, die in ihrem Wesen reines Feuer ist, eine zwanghafte Gegenbewegung – gegen Entwicklung, gegen das-was-ist, gegen die Realität, auch beschrieben als Zorn-Fixierung. Wenn das Ich die kreative, schöpferische Kraft, die wir als fließende Liebe beschreiben können, für sich in Anspruch nimmt, entsteht eine fixierte Hin-Bewegung. Wir streben hin zu etwas scheinbar Besserem, hin zu unseren Idealen, Ansprüchen und Bildern von Liebe – und damit weg von dem, was jetzt IST. In der Angstfixierung wird das Mentalzentrum vom Ich besetzt, so dass aus der bewahrenden Kraft, die die Lebensspanne bis zum Moment des Todes erhält, eine Weg-Bewegung wird. Distanz zum Leben, zum Tod, zur Angst, zur Tiefe – stattdessen Aufstieg in Gedanken-, Befürchtungs- und Misstrauenswelten.
Indem uns bewusst wird, wie wir uns vor allem in eine – aber letzten Endes jede – dieser drei Grundkräfte einmischen und damit Wandlung und Entwicklung verhindern; indem wir die „Ich-Blase“, in der wir leben und die uns das spirituelle Enneagramm in ihren Grundsäulen aufzeigt, beginnen zu sehen, kann sich unser Bewusstsein für die Essenz der Kräfte wieder öffnen. Wir erleben die gelassene, feurige Verankerung in unserem Bauchzentrum, von Emotionalität befreite Herzenspräsenz und die Angst als Wächter von wahrem Wissen.
„Höre, Freund, der Herr ist in dir!
Du weißt doch, dass das Samenkorn den Keim enthält, das Leben selbst.
Wir alle kämpfen uns voran, doch wie weit sind wir gegangen?
Leg den falschen Stolz nun ab und tauche tief nach innen.“
Kabir